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AutorenbildMarco Kerp

Algenfarne – Dünger aus der Luft

Aktualisiert: vor 3 Tagen

Die Gattung der Algenfarne, Azolla, gehört zur Familie der Schwimmfarngewächse (Salviniaceae). Diese Farne wachsen schwimmend auf Wasseroberflächen und zählen zu den echten Farnen. Heute gibt es etwa sieben Arten, die vor allem in den Tropen und Subtropen heimisch sind. Besonders bemerkenswert ist, dass Azolla als einziger Farn eine hochwirksame Symbiose mit Cyanobakterien eingegangen ist. Aufgrund ihrer extremen Produktivität und fossiler Belege vermuten Wissenschaftler sogar, dass diese Farne vor rund 49 Millionen Jahren das Weltklima beeinflussten.


Ein kleiner Spross eines Algenfarns der Art Azolla filiculoides
Ein kleiner Spross eines Algenfarns der Art Azolla filiculoides

 

Die Algenfarne


Oberfläche eines azolla farns gemalt
Die Blattoberfläche von Azolla, zu erkennen sind auch die Atemporen mit dem ein Luftaustausch ermöglicht wird

Die Sprosse der Azolla-Schwimmfarne leben ausschließlich im Süßwasser. Neben der Vermehrung durch Sporen erfolgt die Vermehrung vor allem durch Fragmentierung – das heißt, bei Wasserbewegung brechen Teile der Pflanze ab und wachsen weiter. Ihre Wurzeln sind kurz und verankern sich nicht im Boden, was typisch für Schwimmfarne ist. Die Blätter sind klein, nur 0,5 bis 1,5 mm lang, und überlappen sich wechselständig dachziegelartig. Der Spross ist meist verzweigt und wird 3-4 cm lang. Auf der Blattoberfläche befinden sich viele winzige, ausgebeulte Zellen, sogenannte Papillen, die die Blätter wasserabweisend machen. Dadurch bleibt die Pflanze stets "trocken" und kann ungehindert auf der Wasseroberfläche treiben. Auf der Unterseite der Blätter befindet sich ein großer Hohlraum, in dem die symbiotischen Cyanobakterien leben.


Tangentialschnitt eines Algenfarns mit Cyanobakterien sichtbar
Längsschnitt durch ein Blatt eines Algenfarns, da so ein Blatt extrem klein ist ist die Höhle an der Unterseite beschädigt

 

Die Symbiose


Cyanobakterien sind die einzigen Bakterien, die eine Form der Photosynthese entwickelt haben. Aufgrund ihrer Fähigkeit, Lichtenergie in chemische Energie umzuwandeln, wurden sie lange Zeit fälschlicherweise den Algen zugeordnet, was ihnen auch den geläufigen Namen „Blaualgen“ einbrachte. Diese Bakterien existieren seit mehr als 3,5 Milliarden Jahren und haben in dieser Zeit verschiedene Symbiosen mit anderen Organismen entwickelt. Zu den bekanntesten Beispielen zählen Symbiosen mit marinen Schwämmen, Flechten, Moosen sowie höheren Pflanzen wie dem Mammutblatt, bestimmten Palmfarnen und eben den Algenfarnen.

 

In der Symbiose zwischen Azolla und den Cyanobakterien findet ein gegenseitiger Nährstoffaustausch statt: Die Bakterien erhalten Photosyntheseprodukte und Nährstoffe, die der Farn aus dem Wasser aufnimmt. Im Gegenzug stellen die Cyanobakterien dem Farn eine unbegrenzte Menge Stickstoff als Dünger aus der Luft zur Verfügung. Das macht die Pflanzen unabhängig von den Stickstoffvorräten im Wasser. Zusammen mit Kohlendioxid aus der Luft und Wasser bleibt Phosphor der limitierende Wachstumsfaktor. Da Stickstoff für die meisten Pflanzen das Wachstum begrenzt, kann Azolla dank dieser Symbiose eine außergewöhnlich hohe Wachstumsrate erreichen: Unter optimalen Bedingungen verdoppeln die Pflanzen ihre Biomasse in nur zwei bis drei Tagen.

 

Cyanobakterien Zellfäden aus einem Algenfarn. Deutlich zu sehen sind die größeren runden Heterocysten
Cyanobakterien Zellfäden aus einem Algenfarn. Deutlich zu sehen sind die größeren runden Heterocysten

Diese Stickstofffixierung wird durch ein spezielles Enzym der Cyanobakterien ermöglicht: die Nitrogenase. Dieses Enzym ist jedoch extrem empfindlich gegenüber Sauerstoff. Um sich zu schützen, entwickeln die Cyanobakterien in regelmäßigen Abständen sogenannte Heterocysten – größere, runde Zellen mit einer dicken Zellwand. In diesen Heterocysten ist der sauerstoffproduzierende Teil der Photosynthese inaktiv, sodass die Stickstofffixierung ungestört ablaufen kann.



 

Das Azolla-Ereignis


Dank ihrer extremen Produktivität können Algenfarne nicht nur jährlich bis zu 2,5 Tonnen Stickstoff pro Hektar binden, sondern auch bis zu 15 Tonnen Kohlenstoff. Geologische Funde, insbesondere eine acht Meter dicke Sedimentschicht auf dem Boden des Arktischen Ozeans, deuten darauf hin, dass vor etwa 49 Millionen Jahren eine gigantische Azolla-Blüte stattfand. In einem Zeitraum von rund 800.000 Jahren könnte diese Massenvermehrung dazu beigetragen haben, erhebliche Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu binden und das Klima der Erde nachhaltig zu verändern.

 

Der Dünger der Algenfarne


Die Fähigkeit von Azolla, Stickstoff aus der Luft zu fixieren, reichert auch das umgebende Wasser mit stickstoffhaltigen Nährstoffen an. Diese Eigenschaft wird in der Landwirtschaft genutzt: Algenfarne werden als zusätzliche Kultur auf Nassreisfeldern angebaut, um den Stickstoffgehalt zu erhöhen. Alternativ können die geernteten Farne als natürlicher Dünger auf normalen Feldern eingesetzt werden. Dies ähnelt der Praxis, Hülsenfrüchtler wie Erbsen oder Lupinen als Gründünger zu nutzen, da auch diese Pflanzen eine Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien eingehen.

 

Trotz ihrer nützlichen Dünger Eigenschaften haben Algenfarne mittlerweile in vielen Teilen der Welt den Status eines Neophyten. Sie breiten sich leicht aus, da sie von Wasservögeln transportiert werden, und können durch Überdüngung empfindliche Ökosysteme erheblich schädigen.


Eine Darstellung eines unbeschädigten Azolla Blattes mit intakter Höhle
Eine Darstellung eines unbeschädigten Azolla Blattes mit intakter Höhle

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