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AutorenbildMarco Kerp

Misteln: Weihnachtszauber – Tipps zur Pflege von Mistelzweigen, Biologie und Ökologie der Pflanzen

Aktualisiert: vor 6 Tagen

Was sind Misteln überhaupt?


Die Weißbeerige Mistel (Viscum album) hängt in der Regel nach unten
Die Zweige der Weißbeerigen Mistel (Viscum album) hängen in der Regel nach unten

Misteln (Viscum) sind eine Pflanzengattung, die aus circa 70 bis 120 Pflanzenarten besteht. Sie sind immergrüne, sogenannte Halbschmarotzer, die auf anderen Bäumen oder Sträuchern als Parasiten leben, aber im Fall der Weißbeerigen Mistel auch vielen Vogelarten Beeren im Winter anbieten. Sie sind in der Alten Welt, also in Afrika, Europa und Asien, vertreten und können auf verschiedensten Wirtspflanzen wachsen. Durch ihre besondere Lebensweise haben sie viele spannende Anpassungen in ihrem Wuchs und in ihrer Fortpflanzung entwickelt. Zu Weihnachten wird meist die Weißbeerige Mistel (Viscum album) zur Dekoration verwendet. In diesem Blogbeitrag könnt ihr lesen, wie die Besonderheiten der Misteln das Parasitieren ermöglichen, wie sich ein Handbund am längsten hält und am Ende noch viele Beispiele von Wirtspflanzen der Weißbeerigen Mistel und anderen Mistelarten finden.


 

Wie hält sich die Mistel länger?


Blätter und Beeren der Weißbeerigen Mistel
Die dicken Blätter der Mistel erscheinen lange frisch

Misteln wachsen sehr langsam und haben starke Anpassungen an geringen Wasserverlust, wenn sie ihre Atemöffnungen (Stomata) geschlossen halten – ähnlich wie Nadelbäume. Aufgrund ihrer Wuchsform und des Parasitismus ist es bei der Mistel besser, sie nicht in Wasser zu stellen, da sie den Wirt benötigt, um ausreichend Wasser aufzunehmen. Durch das Wasser könnten die Blätter und Beeren abfallen, und der Teil im Wasser könnte schnell schimmeln. Besser ist es, den Mistelzweig einfach trocknen zu lassen. Am längsten bleibt er frisch, wenn er trocken und kühl gelagert wird – perfekt also als Deko an der Haustür. Aber auch in der Wohnung wird er wochenlang frisch aussehen, bis er vollständig ausgetrocknet ist.

 

Nutzen und der Brauch zu Weihnachten


Handbund aus Mistelzweigen mit roter Schleife
Ein Handbund aus Mistelzweigen mit roter Schleife wirkt direkt weihnachtlicher

Der auffällige Wuchs der Mistel, vor allem im Winter, wenn sie gut zu sehen ist, nachdem der Wirtsbaum das Laub abgeworfen hat, hat dazu geführt, dass sie lange Zeit Bestandteil der Geschichte war. Die Germanen hielten sie für heilig, und im Mittelalter glaubte man, sie würde vor Bösem schützen. Unter Hitler wurde sie als Beispiel für Parasitismus bekämpft – zum Glück ohne Erfolg. Durch ihre besonderen, pharmakologisch interessanten Inhaltsstoffe wurde sie außerdem schon lange als Medizin verwendet; die Wirkung ist allerdings umstritten. Die Inhaltsstoffe, vor allem die Polypeptide Viscotoxine, machen die Mistel jedoch auch in allen Teilen giftig. Die Giftigkeit ist abhängig von der Wirtspflanze: Am giftigsten ist sie auf Ahorn und Linden, am wenigsten giftig auf Apfelbäumen. Die klebrigen Beeren wurden früher für die Herstellung von Vogelleim verwendet, um damit Vögel zu fangen. Dieser Brauch ist in der EU mittlerweile verboten.

Dadurch, dass die Mistel immergrün ist, galt sie schon lange als Lebensspender und Glücksbringer. Geschichtlich hat sie mehr mit dem Winter und der Jahreswende zu tun als mit Weihnachten selbst.



Einen Mistelzweig der niemals kaputt geht, findet ihr hier:




Anpassungsstrategie der Mistel an die Umwelt

 

Parasitismus


Der Parasitismus beginnt mit der Ausbreitung der Mistel, also den Beeren bzw. den Samen. Die Scheinbeeren (keine echten Beeren, da die Frucht unter der Beteiligung des Blütenbodens, ähnlich wie bei Erdbeeren, gebildet wird) enthalten 1–2 Samen, die keine Samenschale besitzen, und werden bis zu 1 cm im Durchmesser groß. Sie sind weiß und durchscheinend, was den Lichteinfall bis zu den Samen ermöglicht. Das ist wichtig, da die Samen bereits in der Beere Photosynthese betreiben können.


Same der Weißbeerigen Mistel (Viscum album)
Hier sieht man deutlich wie grün ein frischer Same der Mistel ist

Das Fruchtfleisch ist durch das enthaltene Viscin extrem klebrig, zieht lange Fäden und ist auch unter fließendem Wasser nur schwer von den Samen zu entfernen. Es ist so klebrig und widerstandsfähig, dass es ohne Probleme die Verdauung von Vögeln übersteht und beim Ausscheiden auf neuen Wirten immer noch anhaften kann. Einige Vögel, wie zum Beispiel die Mönchsgrasmücke, essen die Samen gar nicht erst, sondern streifen sie am nächstbesten Ast vom Schnabel und ermöglichen auf diese Weise eine Klebeausbreitung.

Die Samen benötigen eine glatte, junge Rinde, um erfolgreich in das Holz des Wirtes vorzudringen. Nach der Winterruhe – die Fruchtreife liegt zwischen Dezember und März – können die lichtkeimenden Samen austreiben. Zunächst bildet der Embryo, der zentral im Samen liegt, eine Haftscheibe aus, die sich an die Rinde heftet.


Tangentialschnitt eines Mistelsamen, zu sehen ist der Embryo in der Mitte
Tangentialschnitt eines Mistelsamen, zu sehen ist der Embryo in der Mitte

Zeichnung der Samen der Mistel mit Saugfortsätzen
So kommen die Saugfortsätze aus dem Mistelsamen heraus um sich mit dem Wirt zu verbinden

An der Haftscheibe bildet sich bei Kontakt sofort ein sogenanntes Haustorium aus, welches als Saugfortsatz die Funktion der Primärwurzel übernimmt. Mit holzauflösenden Enzymen schafft es das Haustorium, mit einem Keil in das Holz des Wirtes zu wachsen. Mit den Jahren synchronisieren sich die Jahresringe des Wirtes und der Mistel, da die wasserführenden Leitbündel Kontakt zueinander haben müssen, um zu funktionieren. Über diese Verbindung nimmt die Mistel Wasser und Nährsalze auf.


Zeichnung Aquarelle einer Weißbeerigen Mistel
Zeichnung der Weißbeerigen Beere mit Aquarellfarben. An der Basis ist Schematisch die Verbindung über das Haustorium zur Wirtspflanze dargestellt.

Möchtest du auch solche Zeichnungen erstellen? Auf unserer Seite findest du eine gratis Anleitung für botanisches Zeichnen – schau doch mal vorbei!



Querschnitt durch einen Ast der Hasel mit Mistel infiziert
Querschnitt durch einen Haselast mit Mistelholz
Markierte Flächen mit Hasel und Mistel Holz
Mistel und Haselholz markiert


Hier sieht man den Querschnitt durch einen Ast, der schon länger mit einer Mistel infiziert ist. Der infizierte Baum ist eine gemeine Hasel (Corylus avellana). Es scheint so als wären es zwei Misteln die mit der Zeit verwachsen sind.

Jahresringe, Leitbahnen und Haustorien im Holz der Mistel markiert
Hier sind ein paar Merkmale die man im Holz der Mistel erkennt, markiert.







Hier ist genau markiert wo das Holz der Misteln und das Holz der Hasel ist.











Hier kann man einige der Jahresringe der Mistel erkennen. Die zwei Haustorien mit denen die Misteln die Haseln ursprünglich infiziert haben sind nur noch sehr klein zu erkennen. In der Mitte kann man sehr gut sehen wie die Leitbahnen der Mistel sich an die Leitbahnen der Hasel anpassen um Wasser und Nährsalze abzuleiten.








Morphologie (Äußerer Wuchs)


Die Weißbeerige Mistel wächst strauchig, immergrün und kann einen bis zu 1 Meter breiten kugeligen Busch bilden. Die Pflanzen werden bis zu 70 Jahre alt und wachsen sehr langsam: 50 cm lange Zweige können bis zu 30 Jahre alt sein. Bis zu den ersten Blättern und später auch den Blüten können Jahre vergehen, da die Mistel nach der Keimung zunächst die Verbindung zum Wirt aufbauen muss.


Junge Mistelpflanze die noch nicht Blühfähig ist
Eine junge Mistelpflanze, die noch nicht Blühfähig ist

Die Blätter sind dick, fleischig, glatt und werden etwa 2 Jahre alt. Durch eine sehr starke Transpirationsrate fühlen sich lebende Blätter kühl an. Die Größe der Blätter und der allgemeine Wuchs hängen von der Wirtspflanze ab. Auf Robinien, zum Beispiel, können die Blätter bis zu 15 cm lang werden.

Die Mistel ist zweihäusig getrenntgeschlechtlich (diözisch), das bedeutet, dass es rein männliche und rein weibliche Pflanzen gibt. Die Blütezeit ist von März bis Mai. Die Blüten sind klein und unscheinbar, sitzen in 3- bis 5-teiligen Trugdolden und werden durch Insekten bestäubt.

Die Sprossachse der Mistel bildet keinen Kork aus und bleibt photosynthetisch aktiv, weshalb sie über Jahrzehnte grün bleibt.

Die Beeren, wie bereits erwähnt, sind sehr klebrig, was der Gattung auch ihren Namen „Viscum“ (abgeleitet von „viskos“, also zähflüssig) eingebracht hat.

 

Anatomie (Innerer Aufbau)


Die Anpassung an ihre Lebensweise hat zu einigen interessanten Auffälligkeiten innerhalb der Pflanze geführt. Im Querschnitt der Sprossachse kann man viele Festigkeitselemente (weiße Bündel) sehen, jedoch sind hier keine Jahresringe erkennbar, obwohl dieses Bild von einem wahrscheinlich mehrere Jahre alten Spross stammt.


Querschnitt eines Mistelzweig Sprosses
Hier sieht man den Querschnitt des Stängels der Weißbeerigen Mistel

Die Wachsschicht auf der Außenseite der Pflanze (Cuticula) ist sehr dick und bietet Schutz vor Austrocknung und zu viel Sonnenlicht.


Cuticula der Sprossachse der weißbeerigen Mistel
Die Wachsschicht (Cuticula) kann man hier in gelb erkennen

In der Sprossachse, aber vor allem im Speichergewebe der Samen, findet man neben den grün färbenden Chloroplasten auch Stärke speichernde Körner.

Querschnitt Mesocarp des Mistelsamens nah
In der Starken Vergrößerung des Gewebe des Samens sieht man hier die vielen Stärkekörner die als Energiespeicher dienen. 

Verbreitung und Beispiele der Wirte


Die hauptsächliche Verbreitung der verschiedenen Mistelarten konzentriert sich auf das tropische und subtropische Afrika mit circa 45 Arten. Einige wachsen nochmals spezieller als die heimische Weißbeerige Mistel. Ein Beispiel ist die Zwergmistel (Viscum minimum), die vollständig unter der Rinde ihrer Wirte verschwindet und nur mit winzigen Blüten und Beeren an die Oberfläche tritt. Sie wächst ausschließlich auf zwei Arten der Wolfsmilchgewächse. Die Blüten an der Oberfläche werden nur wenige Millimeter groß.


Wie bereits erwähnt, unterscheidet sich der Wuchs der heimischen Mistel je nach Wirtspflanze. Es gibt allerdings auch eine Einteilung in drei Unterarten:


  • Laubholz-Mistel (Viscum album subsp. album): Wahrscheinlich die häufigste im Handel. Sie wächst ausschließlich auf Laubholzarten wie Pappeln, Weiden, Apfelbäumen, Weißdorn, Birken, Haseln, Robinien, Linden oder Ahornbäumen.

  • Tannen-Mistel (Viscum album subsp. abietis): Diese Unterart wächst auf Weißtannen und hat erheblich kleinere Blätter als die Laubholzmistel.

  • Kiefern-Mistel (Viscum album subsp. austriacum): Diese Unterart wächst auf Kiefern und manchmal auch auf Fichten.


Interessanterweise kann die Mistel sich selbst oder auch andere Parasiten befallen, wie beispielsweise eine Art der Riemenblumengewächse, die ebenfalls parasitisch auf Bäumen wachsen. Dadurch wird die Mistel, wenn sie einen weiteren Parasiten befällt, zum sogenannten Hyperparasiten.





Im Folgenden möchte ich ein paar Beispiele von Wirtspflanzen zeigen:



Mistel auf der Samthaarigen Stinkesche (Tetradium daniellii)
Mistel auf der Samthaarigen Stinkesche (Tetradium daniellii)

Mistel auf der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)
Mistel auf der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)

Mistel auf der Schwarzpappel (Populus nigra)
Mistel auf der Schwarzpappel (Populus nigra)

Mistel auf der Felsenkirsche (Prunus mahaleb)
Mistel auf der Felsenkirsche (Prunus mahaleb)

Mistel auf der Kirschpflaume (Prunus cerasifera)
Mistel auf der Kirschpflaume (Prunus cerasifera)

Mistel auf der Amerikanischen Buche (Fagus grandifolia)
Mistel auf der Amerikanischen Buche (Fagus grandifolia)

Misteln Pflege Mistelzweige Biologie

Misteln Pflege Mistelzweige Biologie

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